Nachhaltigkeit

Aline – Paradiesische Veränderung (2/3)

12.9.2022

Bei noara amtet Aline als die «nachhalterin» und kümmert sich dabei in allen Bereichen um das Thema Nachhaltigkeit. Wie ihre Zeit als Tauchlehrerin auf der Malediven ihre Lebensphilosophie geprägt hat, erzählt sie in diesem Text. (2/3).

Aline & Dive Buddy
Sonnenuntergang auf den Malediven
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Möchtest du zuerst Teil 1 lesen? Diesen findest du hier.

Mein Leben war also in ein paar Kisten verpackt und ich ging auf die Malediven, um als Tauchlehrerin zu arbeiten. Kaum angekommen, gab es für mich eine unschöne Überraschung: Auf meinen ersten Tauchgängen war ich schockiert, wie sehr die Unterwasserwelt im indischen Ozean bereits zerstört war! Da eine Temperaturänderung im Meer einen viel grösseren Einfluss auf das Ökosystem hat als an Land, ist das Meer vom Klimawandel extrem be- und getroffen.

Von der Sonnencreme zum Mikroplastik

Zu dieser Zeit begannen meine «Vorträge». Ich war viel in Kontakt mit europäischen Gästen, welche schockiert waren über das, was sie beim Tauchen und Schnorcheln sahen. Fragen wie «Warum ist alles grau und keine farbefrohe Korallenpracht, wie im Fernseher?» oder «Warum sind da nicht so viele Fische und wenn Fische, oft die gleichen?» begegneten mir fast täglich. Eine Steilvorlage für mich, um über den Zustand unserer Natur zu sprechen. Mir war und ist es sehr wichtig zu informieren, was jede einzelne Person zu einer Verbesserung beitragen kann. Auf den Malediven habe ich viel über Sonnencremes geredet (kauft euch ReefSafe Sonnencreme, Story folgt). Auch habe ich über Mikroplastik in Kosmetikprodukten informiert – wusstest du, dass in jeglichen gängigen Duschgels, Shampoos und Seifen Plastik drin ist? Und auch über Putzmittel habe ich gesprochen, welche nicht im Wasser entsorgt werden dürfen, weil sie zu giftig sind. Aber wo landet Putzmittel…? Im Wasser…genau! Falls euch das Thema interessiert, empfehle ich euch die Netflix-Dokus «Chasing Corals» und «Seaspiracy» (und wenn ihr schon dabei seid: «Cowspiracy»).

Naturwunder

Abgesehen von den Vorträgen, habe ich meine Liebe zur Natur in dieser Zeit unglaublich vertieft. Ich habe gelernt, Strömungen zu lesen, mich unter Wasser auch ohne Riff zu orientieren, Fische zu lesen und zu wissen, wo ich was finde. Ich habe viel Zeit damit verbracht mit Unterwasserbewohnern zu reden. Auch wenn die Unterhaltungen nur in meinem Kopf stattfanden, möchte ich sagen, dass Krebse besonders nett sind und Moränen und ich uns mit Distanz respektieren. Kurz gesagt, ich habe viel über die Bewohner unserer Meere gelernt. Ich habe so oft Fische, Krebse, Oktopusse, Mantas, Haie, Schildkröten und Rochen beobachtet und ihnen tief in die Augen geschaut, dass es für mich nicht mehr nachvollziehbar ist, wie man annimmt, dass diese Wesen nichts fühlen, nichts verstehen. Ich habe mich auf die Natur eingelassen, komplett meinem Bauchgefühl, meinem Instinkt vertraut. Es hat mich immer wieder aufs Neue erstaunt, wie mich dieses Gefühl regelmässig an die genau richtige Stelle zum richtigen Zeitpunkt geführt hat. Diese unzähligen kleinen wunderbaren Erlebnisse haben aus mir eine Person gemacht, die ihrem Instinkt, ihrem Bauchgefühl, zu 100 Prozent vertraut.

Unterwasserbegegnungen der ganz besonderen Art

Die andere Realität

Neben Erlebnissen mit der Natur habe ich in dieser Zeit mit der gefühlten «Unterschicht der Welt» zusammengearbeitet: Mit Menschen aus Bangladesch, Südindien, Nepal und Philippinen. Ich habe viel mit ihnen geredet, um ihr Leben, ihre Chancen, ihre Kultur und ihre Lebensweise zu verstehen. Ich habe mit Bangalis zusammengearbeitet, die als 16-Jährige ihr Land verlassen haben, um unterbezahlte Hilfsjobs im Ausland anzutreten. Mit 20 Jahren kehren sie dann kurz in ihre Heimat zurück, heiraten, gründen bestenfalls eine Familie und gehen wieder. Sie arbeiten dann zum Beispiel auf Baustellen oder als Hilfsarbeiter in Singapur, Qatar oder Dubai. In Videotelefonate mit ihren Frauen, Cousinen, Schwestern haben sie mir stolz gezeigt, wie ihr Leben Zuhause aussieht. Diese Begegnungen haben mich geprägt: Es war und ist für mich immer noch erschreckend, dass eine kleine Bevölkerungsgruppe Urlaub für 300$ pro Nacht verbringt und der Kellner, der sie bedient, 200$ pro Monat verdient. Mit diesem Geld muss ein Angestellter seine ganze Familie ernähren. Wir suchen immer nach Schuldigen für diese Missstände. Es wäre aber definitiv zu einfach, dass Problem auf die Hotelindustrie zu schieben. Vielmehr ist dies insgesamt eine Fehlkonstruktion unserer Gesellschaft. Obwohl meine Arbeitskollegen in einer anderen Realität leben, hat mich ihre Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft jeden Tag immer wieder berührt und mir gezeigt, in was für einer grossartigen Welt wir leben. Ich habe unglaublich viel über das Leben und über das Meer von ihnen gelernt.

In Teil 3 erzähle ich, wie ich wieder in der Schweiz Fuss gefasst habe und was ich von meiner Zeit auf den Malediven mit zurück nach Hause genommen habe.